Parlamente & Interkantonale Vereinbarungen

Entwicklungen ab Februar 2014
Am 19. Februar 2014 reichte Landrat Alois Arnold (1965), Bürglen, eine Motion (LA.2014-0114) zur Änderung ses Konkordatsvertrags betreffend Laboratorium der Urkantone ein. Darin wird verlangt, mit den anderen Konkordatskantonen Verhandlungen aufzunehmen, um das Konkordat hinsichtlich der Zuständigkeit für die Genehmigung des Leistungsauftrags mit Globalbudget anzupassen. Viele abgeschlossene Konkordate wiesen heute starke demokratische Defizite auf und würden die Kompetenzen für die Parlamente beschneiden.
Die Regierung lehnt die Motion ab: «Zusammenfassend  widerspricht der Motionsauftrag den Grundsätzen der interkantonalen Zusammenarbeit, zielt auf eine Schwächung der Aufgabenerfüllung durch das Laboratorium der Urkantone ab und ist deshalb abzulehnen» (Auszug aus dem Protokoll des Regierungsrates, 19. August 2014).
Quellen (http://www.ur.ch/de/behoerdenmain/landrat/politbusiness/welcome.php?action=showinfo&info_id=20282):
Das Postulat (Nr. 2014-41 R-102-11) von Alf Arnold Rosenkranz, Altdorf, zu Mitwirkung des Landrats bei Konkordaten (21. Januar 2014), wurde an der Landratssession vom 23. April 2014 an den Regierungsrat mit 38:21Stimmen überwisen. Die Mitwirkungsmöglichkeiten des Landrates bei der Ausarbeitung von Konkordaten und andern interkantonalen Vereinbarungen ausgebaut werden könnten.Der Regierungsrat empfahl dem Landrat, das Postulat nicht zu überweisen.
Quellen
Reform der Staatsleitung in Appenzell Ausserrhoden:
Ein allgemeines Mitwirkungsrecht des Kantonsrates in den Aussenbeziehungen.


Geltendes Recht, Kantonsverfassung

Art. 74 c) Rechtsetzung
Abs. 3 Er [der Kantonsrat, Anmerkung M. Strebel] genehmigt oder kündigt interkantonale oder internationale Verträge, soweit nicht die Stimmberechtigten (Art. 60bis) oder der Regierungsrat zuständig sind.

Entwurf Regierungsrat, 5. März 2013, Kantonsverfassung


Aufgehoben.


Art. 74bis 
cbis) Aussenbeziehungen
Abs. 1 Der Kantonsrat wirkt an der Gestaltung der Aussenbeziehungen mit.
Abs. 2 Er genehmigt oder kündigt interkantonale und internationale Verträge. Vorbehalten bleibt das fakultative Referendum.
Abs. 3 Er begleitet Vorhaben zur interkantonalen oder internationalen Zusammenarbeit
Der Kantonsrat hat an der Sitzung vom 10. Juni 2013, Art. 74bis stillschweigend angenommen. An der Sitzung vom 24. Februar 2014 der ganzen Teilrevision der Kantonsverfassung mit 53:7 Stimmen ohne Enthaltung zugestimmt; der Souverän am 18. Mai 2014.

Zu den «Aussenbeziehungen» führt die Regierung im «1. Bericht und Antrag des Regierungsrates vom 5. März 2013» aus:

«In der Verfassung sind die Zuständigkeiten von Parlament und Regierung in den Aussenbeziehungen nur bruchstückhaft abgebildet. Insgesamt erscheinen die Gestaltung und die Pflege der Aussenbeziehungen nicht als eigentliche staatsleitende Aufgaben wie die Rechtsetzung oder die staatliche Planung. Genau dieses Verständnis hat sich aber in den letzten Jahren im Bund und in anderen Kantonen durchgesetzt. Der Entwurf führt die Aufgaben von Kantonsrat und Regierungsrat daher in je einer eigenen Bestimmung zusammen. Dabei zählt er nicht nur die Zuständigkeiten auf, sondern macht deutlich, welchen Beitrag Parlament und Regierung zur Gestaltung der Aussenbeziehungen leisten. Diese Beiträge sind – wie bei anderen Aufgabenbereichen auch – komplementär. So kommt auch in den Aussenbeziehungen das kooperative Element der Gewaltenteilung deutlicher zum Ausdruck. Der Entwurf geht von der Konzeption aus, dass der Regierungsrat das eigentlich handelnde Element in den Aussenbeziehungen ist. Der Regierungsrat legt die Ausrichtung der aussenpolitischen Aktivitäten fest, plant diese und vertritt den Kanton nach aussen (…). Dem Kantonsrat fällt auch hier die Rolle zu, die demokratischen Leitentscheide zu fällen.

Absatz 1 verleiht dem Kantonsrat neu ein allgemeines Mitwirkungsrecht (und eine Mitwirkungspflicht) bei der Gestaltung der Aussenbeziehungen. Der Kantonsrat kann mit allen ihm zur Verfügung stehenden Instrumenten an der Gestaltung der Aussenbeziehungen mitwirken. Mitwirkung bedeutet Einbezug bei der Willensbildung zu Grundsatzfragen sowie bei wichtigen aussenpolitischen Entscheidungen. Der Entwurf geht dabei nicht soweit wie beispielsweise der Kanton St.Gallen. Dort bestimmt der Kantonsrat die Ziele der Aussenpolitik (Art. 65 der Verfassung des Kantons St.Gallen; SR 131.225). In Appenzell Ausserrhoden ist die oberste leitende und planende Behörde auch in den Aussenbeziehungen der Regierungsrat. Dies wird durch den neuen Art. 87bis Abs. 1 unterstrichen. Das Mitwirkungsrecht gewährleistet aber, dass der Kantonsrat an der Bestimmung der aussenpolitischen Ziele beteiligt wird – etwa in Form der Beratung und Kenntnisnahme eines aussenpolitischen Programms.

Absatz 2 übernimmt die bisherige Kompetenz zur Genehmigung und Kündigung wichtiger Verträge aus Art. 74. Da sich das Verfahren im interkantonalen Bereich deutlich von jenem der internen Gesetzgebung unterscheidet, werden die Kompetenzen des Kantonsrates im Vertragsbereich neu bei den Aussenbeziehungen geregelt. Zudem beschränken sich die Kompetenzen des Kantonsrates nicht nur auf rechtsetzende Verträge. Es ist durchaus denkbar, dass wichtige Verwaltungsabkommen oder Verträge, die Ausgaben im Kompetenzbereich des Kantonsrates zur Folge haben, diesem zur Genehmigung zu unterbreiten sind.

Absatz 3 macht deutlich, dass der Kantonsrat bei aussenpolitischen Vorhaben frühzeitig einzubinden ist. Dies geschieht insbesondere über die rechtzeitige und kontinuierliche Information und Konsultation des Büros, der Kommissionen und auch des Plenums durch den Regierungsrat. Auf diese Weise wird der Kantonsrat in die Lage versetzt, aussenpolitische Vorhaben nicht nur erst im Nachhinein gutzuheissen oder abzulehnen. Dank der frühzeitigen Information kann er solche Vorhaben effektiv begleiten und frühzeitig auch seinen Einfluss geltend machen, etwa über Konsultationen, über Fragen an den zuständigen Direktor bzw. die zuständige Direktorin oder über die üblichen parlamentarischen Instrumente. Das bedeutet aber gleichzeitig, dass der Kantonsrat seine Rolle als Begleiter aktiv wahrnehmen muss. Wie die allgemeine Mitwirkung ist auch die Begleitung Recht und Pflicht zugleich. Dies stellt gewisse Anforderungen an die Organisation und die Arbeitsweise des Kantonsrates. Wie sich der Kantonsrat hierzu zweckmässig organisieren kann, wird Gegenstand der Debatte zum neuen Kantonsratsgesetz sein.

Die angestrebte stärkere parlamentarische Beschäftigung mit den Aussenbeziehungen wird zu Mehraufwendungen beim Regierungsrat und bei der Verwaltung führen» (S. 18 f.).

Bemerkungen zur Revision

Geschäftsordnung des Kantonsrates für den Einbezug des Parlamentes massgeblich

Für den Einbezug des Parlamentes ist die Geschäftsordnung des Kantonsrates massgeblich:
Absatz 1  Der Regierungsrat informiert das Büro jeweils über die Aufnahme von Vertragsverhandlungen zum Abschluss oder zur Änderung von interkantonalen Vereinbarungen, sofern sie durch den Kantonsrat oder die Stimmberechtigten zu genehmigen sind. Die Information erfolgt schriftlich und wird durch das Büro dem erweiterten Büro zur Kenntnis gebracht.
Absatz 2 Der Regierungsrat lädt das Büro im Rahmen der Vertragsverhandlungen zur Stellungnahme ein, sobald ein Vereinbarungsentwurf vorliegt. Das Büro kann zur Ausarbeitung der Stellungnahme das erweiterte Büro, ständige oder bestehende besondere Kommissionen sowie Drittpersonen beiziehen. Die Stellungnahme wird den Mitgliedern des Kantonsrates zur Kenntnis gebracht.
Absatz 3 Der Regierungsrat informiert den Kantonsrat anlässlich der Genehmigung schriftlich über die Verwendung der Stellungnahme sowie über die Ergebnisse.

Keine Änderung am Status quo

Diese oben ausgeführten Bestimmungen in der Geschäftsordnung des Kantonsrates wurden in der Vergangenheit durch die Parlamentarier immer wieder als ungenügend beurteilt (vgl. Strebel: Befindet sich die Schweiz auf einem Exekutivföderalismus?, S. 291). Mit der neuen Bestimmung in der Kantonsverfassung hat sich faktisch am Status quo nichts geändert. Von einer «Konsultation» bei interkantonalen Vereinbarungen durch die Regierung kann auch mit der neuen Bestimmung in der Kantonsverfassung nicht gesprochen werden

Revision Parlamentsrecht als Chance

Der Regierungsrat führt aus: «Eine Reform der Staatsleitung ist mit einer Teilrevision der Verfassung nicht abgeschlossen. Auch wenn die Verfassung die grundlegenden Entscheidungen trifft: Wichtige Weichenstellungen werden auf Gesetzes- und gar auf Verordnungsebene erfolgen müssen. Offensichtlich ist dies dort, wo der Entwurf neue Gesetzgebungsaufträge enthält. Die Feststellung gilt aber auch für andere Bereiche, wie etwa die Konkretisierung der Mitwirkungsrechte des Kantonsrates in den Aussenbeziehungen» (1. Bericht und Antrag des Regierungsrates vom 5. März 2013, S. 7). Die Ausgestaltung des Parlamentsrechts bietet die Möglichkeit, die Mitwirkungsrechte der Legislative bei interkantonalen Vereinbarungen zu ergänzen, d.h. mit einer Konsultationspflicht.
Quellen
Der St. Galler Kantonsrat hat an seiner Sitzung vom 2. Juni 2015 eine Motion der Kommission für Aussenbeziehungen (KfA) mit 57:42 Stimmen bei 2 Enthaltungen und 19 Abwesenheiten überwiesen: Die Regierung wird eingeladen, eine gesetzliche Grundlage auszuarbeiten, mit der die Regierung verpflichtet wird, dem Kantonsrat jährlich über den Stand der im Kanton St.Gallen geltenden und geplanten zwischenstaatlichen Vereinbarungen, die Verfassungs- oder Gesetzesrang haben oder ansonsten im Bereich der zwischenstaatlichen Beziehungen von allgemeinem Interesse sind, Bericht zu erstatten. Die Regierung lehnte die Motion ab.

Quellen
Auf die Amtsdauer 2016/2020 hat der Kantonsrat die Kommission für Aussenbeziehungen aufgehoben. Die bisherigen Aufgaben der Kommission für Aussenbeziehungen (Art. 16ter und 16quater des Geschäftsreglementes des Kantonsrates) wurden bisher keiner anderen Kommission übertragen.
In der Sommersession 2015 nahm der Grosse Rat Kenntnis vom "Dritten Bericht des Regierungsrates an den Grossen Rat über die Aussenbeziehungen des Kantons Bern". Ein spannender wie auch umfassender Bericht.


Quelle
Hanspeter Weibel (SVP) hat ein Verfahrenspostulat eingereicht. Er fordert, die Bildung einer Begleit­kommission zur Neuverhandlung der Staatsverträge zur gemeinsamen Trägerschaft der Universität Basel. Die Geschäftsleitung des Parlamentes beantragte Überweisung. Der Grosse Rat lehnte die Überweisung ab (20. Oktober 2016).

Quellen:
Basler Zeitung, 18. Oktober 2016
Bassellandschaftliche Zeitung, 21. Oktober 2016, S. 23